Zur Geschichte von Schloss Stammheim in der Wetterau
Auf den Grundmauern einer alten Wasserburg des Ritter Wortwin von Stammheim wurde Ende des 16. Jahrhunderts (1592) dieser Renaissancebau errichtet. Die Erbauer des Schlosses waren die Eheleute Dietrich (auch Dietz genannt) von Rosenbach und Walpurga von Karsbach. Die Wappen beider Eheleute schmücken heute noch das Eingangsportal zum Schlossgarten. Den wunderschönen im barocken Stil angelegten Schlossgarten erreichte man, wie auch heute, über eine Zugbrücke. Ende des 17. Jahrhunderts (1699) verkauften deren Nachfahren das Schloss, die Zehntscheune, die Wirtschaftsgebäude und sämtliche Felder und Wälder an den Grafen von Schlitz. Die Fürsten von Schlitz setzten sogenannte Pächter ein, die das Schloss und die zugehörigen Gebäude verwalteten. Sie bewirtschafteten selbst Wiesen und Äcker und kassierten von den „Untertanen“ den „Zehnten“. Das Verhältnis zwischen den Pächtern des Grafen und der Stammheimer Bevölkerung war stets angespannt und führte zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Der letzte Pächter, Tobias Thaler III., der auch das Bürgermeisteramt inne hatte, kam 1850 in finanzielle Turbulenzen. Die Grafen von Schlitz boten daher der Gemeinde den Kauf des Schlosses an. 1851 erwarb die Gemeinde Stammheim die Immobilie für 72.500 Gulden. Die Felder wurden an die Ortsansässigen Bauern verkauft oder verpachtet. Die großen Stallungen wurden abgerissen und die abgebrochenen Basaltsteine zum Bau neuer Häuser in Stammheim verwandt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden die in Stammheim lebenden jüdischen Bürgerinnen und Bürger im Schloss festgehalten, um von dort aus deportiert zu werden. Das Schloss diente zudem als Unterkunft für sogenannte „Fremdarbeiter“ – meist Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die aus den von Deutschland besetzten Gebieten stammten. Sie wurden morgens zur Arbeit abgeholt und abends unter Bewachung wieder im Gebäude eingeschlossen. Nach dem II. Weltkrieg wurde das Schloss als Notunterkunft für Flüchtlingsfamilien eingerichtet. Es tagte in den Räumen der Gemeinderat und die Stammheimer Kinder gingen nun im Schloss zur Schule. Es entstanden Wohnungen für Lehrer, den Hausmeister und weitere Familien. Das Schloss wurde ein Mehrzweckbau für alle Vereine und Gruppen, die sonst in der Gemeinde keinen ausreichenden Platz fanden.
In der Nachkriegszeit befand sich das Gebäude in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand. Die Großgemeinde Florstadt, seit 1972 zuständig, scheute die inzwischen notwendigen Kosten für Instandhaltung und Sanierung und bot das Schloss mit zugehörigem Nutzgarten zum Verkauf an. Anfang 1975 wurde das Schloss an die privaten Interessenten, Anke de Arias-Walchensteiner und Uwe Walchensteiner mit Sohn Stephan, veräußert. Es begann die bis dahin umfassendste Renovierung seit der Erbauung. Die Familie Arias investierte viel Arbeit und finanzielle Mittel in die Sanierung und verwandelte das Gebäude in ein wahres Schmuckstück. Das Schloss ist inzwischen seit ca. 50 Jahren im Besitz der Familie Arias. Seit mehr als 25 Jahren dient der gelbe Saal als Trauzimmer für viele Eheschließungen. Sehr beliebt sind auch die Trauungen unter freiem Himmel im wunderschönen barocken Stil angelegten Schlossgarten mit Buchshecken und unzähligen Rosen.
Luftaufnahme aus dem Jahr 1963